Im Corona-Crash investieren: Strategien, Thesen & Investment-Ideen (inkl. 25 Aktien & 7 ETFs)

In der ausführlichen Analyse des Corona-Crashs habe ich dir die Entscheidungsgrundlage gegeben, um herauszufinden, ob du im jetzigen Crash investieren solltest oder nicht. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Wie kannst du jetzt konkret investieren?

Deshalb zeige ich dir heute:

  • welche Charakteristiken die Firmen aufweisen, die gerade an der Börse am stabilsten bleiben und welche dazu führen, dass Firmen gerade überdurchschnittlich verlieren
  • wie sich unterschiedliche Aktienindizes zuletzt geschlagen haben (inkl. Smart Beta ETFs)
  • 3 Strategien, nach denen du deine Investitionen jetzt strukturieren kannst mit 7 möglichen Branchen und über 25 Aktien

Wichtig: Alle Gedanken und die Überlegungen, die du anstellen musst, um zu entscheiden ob du jetzt nachkaufst oder nicht – und wenn ja, was du nachkaufst – erfährst du hier in der Analyse des Crashs. Was daraus für diese Analyse vor allem wichtig ist: Nur weil eine Aktie im Kurs gefallen ist, heißt das nicht, dass sie nun günstiger bewertet ist.

Also, legen wir los!

Die 2 Merkmale von Unternehmen, die in der Krise stabil bleiben

Schauen wir zuerst darauf, welche Aktien im Crash am stärksten verloren haben und welche am stabilsten geblieben sind.

Klar ist: Es gibt Branchen, die stärker und Branchen, die schwächer betroffen sind. Welche das sind untersuchen wir gleich genauer bei den entsprechenden Aktien.

Die Sektoren mit den stärksten Verlusten sind unter anderem (vom 14.02. bis 27.03):

  • Energie (- 31 %)
  • Finanzen (- 28 %)
  • Immobilien (- 26 %)

Die Sektoren, die noch am stabilsten geblieben sind, sind unter anderem:

  • Basiskonsumgüter (- 15 %)
  • Gesundheitswesen (- 16 %)
  • Telekommunikation (- 20 %)

Gleich gehen wir noch detaillierter in diese Sektoren.

Darüber hinaus hat Aswath Damodaran von der NYU hat zwei Faktoren herausgearbeitet: Die Profitabilität und die Nettoverschuldung, also zwei klassische Qualitätskennzahlen, die vereinfacht (a) die finanzielle Stabilität und (b) die Ertragskraft abbilden.

Diese Grafik von Damodaran liefert dazu einen Haufen an Daten:

Was sehen wir?

Zur Nettoverschuldung (1. Spalte): Tendenziell haben die Unternehmen stärker verloren, die stärker verschuldet waren. Im Quintil mit der höchsten Verschuldung (ganz unten) lag der Verlust durchschnittlich bei – 36 %, im Quintil mit der niedrigsten Verschuldung (ganz oben) bei ca. – 26 %.

Zur Profitabilität (2. Spalte): Auch hier haben die Unternehmen mit höherer Profitabilität noch die besseren Renditen geliefert, jedoch ist der Zusammenhang hier etwas schwächer.

Die hervorgehobenen Zeilen zeigen die Aktien, die innerhalb der Gruppe der niedrigsten Verschuldung die höchste Profitabilität aufweisen (grün) und die Aktien, die innerhalb der Gruppe der höchsten Verschuldung die niedrigste Profitabilität (rot) aufweisen. Also vereinfacht gesagt: 2x gut vs. 2x schlecht.

Hier liegt die Unterschied bei einem Verlust von – 25 % (grün) gegenüber – 38 % (rot).

Behalten wir also im Hinterkopf:

  • Qualitätskriterien haben für mehr Sicherheit gesorgt
  • Die Profitabilität ist dafür ein Faktor, vor allem aber die Nettoverschuldung
  • Abseits dessen ist der wichtigste Faktor die Branche bzw. damit zusammenhängend das Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmens

7 Aktien-ETFs im Krisencheck

Schauen wir einmal auf gesamte Märkte, die du mit ETFs abbilden kannst, und speziell auf einige Faktoren, die ich auch im Smart Beta ETF Teil der Aktienrebell Academy durchleuchte.

(Performance jeweils von 1.01. bis 1.04. Würden wir nur die Krise ab Ende Februar betrachten wäre der Kursverlust etwas stärker)

MSCI World (Industrieländer):

  • MSCI World: – 21 %
  • MSCI World Quality: – 19 %
  • MSCI World Minimum Volatility: – 16 %
  • MSCI World Value: – 27 %
  • MSCI World Information Technology: – 13 %

MSCI Emerging Markets (Schwellenländer):

  • MSCI Emerging Markets: – 24 %
  • MSCI Emerging Markets Minimum Volatility: – 20 %

Wir sehen: Die Faktor-ETFs, die für mehr Stabilität sorgen sollen, haben es bisher in diesem Jahr tatsächlich recht gut geschafft. Die Minimum Volatility ETFs sind auch Teil meines Depots.

Am stabilsten (aus dieser Auswahl) sind Technologie-Aktien geblieben. Hier haben sich vor allem digitale Geschäftsmodelle als stabil und weniger anfällig für solche Schocks erwiesen.

Value-Aktien, die schon in den letzten Jahren einen schweren Stand hatten (nachdem sie fast 50 Jahre eine der am besten dokumentierten Überrenditen geliefert haben), haben hier auch stärker verloren.

Wenn du aktuell Risiko vermeiden möchtest könnten die ETFs, die bisher am stabilsten geblieben sind, auch jetzt für dich interessant sein. Wenn du eher risikobereit und auf einen größeren Turnaround der Value-Aktien oder des Gesamtmarktes setzt, sind die anderen ETFs für dich interessanter.

6 Branchen die mittel- und langfristig profitieren werden & 20 interessante Aktien

Wir haben gesehen, dass defensive Sektoren wie Basis-Konsumgüter und der Medizinbereich – wie so oft in Krisen – noch am stabilsten geblieben sind. Aber welche Branchen werden mittel- und langfristig womöglich mehr Kunden gewinnen und als Gewinner – zumindest relativ zum restlichen Markt – hervorgehen?

Ich habe viele Analysen und Meinungen von Experten gelesen und in Podcasts gehört und mir meine Gedanken dazu gemacht. Die Essenz daraus:

Aus diesen Branchen gibt es viele Aktien. Es gibt auch einige Aktien, die nicht direkt profitieren, aber womöglich zu stark abgestraft wurden. Welche Aktien finde ich deshalb – je nach Strategie – aktuell interessant?

Strategie 1: Du setzt auf einen stärkeren Rebound der Aktien, die bisher stark verloren haben

Kurzfristiges Risiko: hoch

Möglichkeiten zum Investieren: globaler Value ETF, globaler Finance ETF, größte Verlierer-Aktien.

Beispiel-Aktien:

  • Sixt. Für mich deshalb interessant, da die Aktie stark verloren hat (ca. – 50 %), ich das Geschäftsmodell aber spannend finde. Sixt selbst hat mittlerweile die Auswirkungen eingeschätzt und geht für dieses Jahr von einem schlechteren Ergebnis als geplant aus, welches aber immer noch einen Gewinn einbringen soll. Wenn das so kommt, klingt der Kursverlust von 50 % für mich überzogen, weshalb ich hier investiert habe.
  • Volkswagen. VW hat etwa – 46 % verloren und zählt in die Kategorie der Unternehmen, die vorher schon genug Probleme hatten. Ohne bisher tief in die Analyse gegangen zu sein gibt es ein paar Punkte, die mich hier optimistisch stimmen: 1) Das Auto erlebt als Verkehrsmittel mit Privatsphäre Aufwind. 2) VW digitalisiert unter den deutschen Autobauern gefühlt am stärksten. 3) Audi, als Teil von VW, hat im Jahr 2020 bisher die höchsten Auslieferungszahlen bei Elektroautos in den gemessenen Ländern in Europa (Niederlande, Norwegen, Spanien). 4) Die Bewertungskennzahlen sind mit einem KUV von 0,2, einem KBV von 0,45, einem KGV von 4 und selbst einem erwarteten KGV von 10 sehr niedrig. Das macht die VW-Aktie keinesfalls zu einem Selbstläufer, aber zu einem möglichen Turnaroud-Kandidaten.
  • US-Banken. Diese sind ca. um ein Drittel gefallen und aktuell recht günstig bewertet. Das Gute an Banken: Sie werden immer gebraucht. Das Schlechte: Es ist schwierig einen verständlichen Blick ins Innere zu bekommen. Aber auch Investoren wie Warren Buffett haben stark in diesen Sektor investiert und auch ein Unternehmen wie JP Morgan Chase, eine der größten Banken, ist in der Top 10 der „Most Admired Companies“ der USA 2020 – mehr zu dieser spannenden Liste übrigens in Kürze.

Nichtsdestotrotz: Hier liegen Chancen, aber auch höhere Risiken. Das solltest du wissen, bevor du hier investierst.

Strategie 2: Du setzt auf Aktien, die gleich stark wie der Markt verloren haben, aber eher unterdurchschnittlich darunter leiden

Kurzfristiges Risiko: mittel

Möglichkeiten zum Investieren: globaler ETF, MSCI World Quality, entsprechende Aktien.

Beispiel-Aktien:

  • Basiskonsumgüter: Eine defensive Branche, wie anfangs gezeigt, da diese Güter (wie Lebensmittel oder Drogerie-Artikel) immer gebraucht werden. Das macht diese nicht unbedingt zu Profiteuren, aber zumindest stabiler.
    Beispiel-Aktien: Johnson & Johnson, Beiersdorf, Nestlé,…
  • Coca Cola: Ein zeitloses Geschäft, das glaube ich nicht erklärungsbedürftig ist. Coca Cola ist mittlerweile durch den Kursrückgang sogar im MSCI World Value enthalten.
  • Facebook: Das Werbegeschäft ist betroffen, wie viele Marketer anhand von günstigeren Konditionen berichten – was für Facebook selbst erstmal nicht wünschenswert ist. Trotzdem halte ich das Geschäftsmodell nach wie vor für stark und mit großen Wachstumschancen ausgestattet, sodass ich die Abstrafung von etwa – 30 % hier als Chance sehe.
  • Alphabet: Der größte Umsatztreiber, das Werbegeschäft, wird leichte Rückschläge hinnehmen müssen, die teilweise von kleineren Segmenten wie YouTube oder Apple Pay (siehe Strategie 3) aufgefangen werden können.
  • Spotify: Hier gilt die Analyse nach wie vor. Für mich tendenziell ein Profiteur der aktuellen Situation.

Strategie 3: Du investierst in Aktien, die als Profiteure aus der Krise hervorgehen

Kurzfristiges Risiko: gering. Hier ist allerdings unklar, wie groß dieser Vorteil schon im Kurs enthalten ist.

Möglichkeiten zum Investieren: Branchen-ETFs (bspw. Gaming, eCommerce oder Information Technology, siehe unten) & direkt in entsprechende Aktien.

Beispiel-Aktien & Branchen:

  • Online-Handel (eCommerce): Die stationären Geschäfte schließen, weshalb der einzige Weg zum Shoppen über Online-Händler und Shops läuft. Viele Experten (u.a. AboutYou Gründer Tarek Müller und die Investoren Sven Schmidt und Florian Heinemann) erwarten, dass die digitale Transformation durch die aktuelle Krise beschleunigt wird.
    Beispiel-Aktien: Amazon, Zooplus, Zalando,…
  • Video-Streaming: Netflix und auch Amazon Prime haben die Angebote, die fürs Zuhause bleiben geeignet sind. Auch YouTube als Teil von Alphabet oder Twitch als Streaming-Plattform von Amazon zählt dazu.
    Beispiel-Aktien: Netflix, Amazon, Alphabet,…
  • (tendenziell) Online-Payment: Bspw. der Lieferando Mitgründer berichtet zuletzt davon, dass der Anteil bargeldloser Zahlung (also per PayPal, Kreditkarte etc.) deutlich gestiegen ist. Ähnliches wird in Supermärkten zu beobachten sein. Auch die Zunahme des Online-Handels wird Online-Zahlungen fördern. Nachteil: Wenn der Konsum insgesamt abnimmt, könnten die Umsätze der Online-Bezahlanbieter kurzfristig leiden.
    Beispiel-Aktien: PayPal, Apple (durch Apple Pay), Alphabet (durch Google Pay), American Express, Mastercard,…
  • Kommunikationssoftware: In Zeiten von Home Office erleben viele Tools einen starken Aufschwung: Video-Telefonie (bspw. Zoom, das von 10 Mio. täglich aktiven Usern auf aktuell 200 Mio. gesprungen ist) oder Business-Kommunikationstools (bspw. Slack oder Microsoft Teams) gewinnen dadurch.
    Beispiel-Aktien: Zoom, Slack, Microsoft,…
  • (tendenziell) Essenslieferdienste: Wenn es nicht mehr möglich ist Essen zu gehen, wird auf das Bestellen von Essen ausgewichen. Die Nachfrage sollte also steigen. Die Angebotsseite, also die angebunden Restaurants, haben aber Probleme und schließen teilweise; wiederum andere Restaurants müssen nun schnell Lieferando als Lieferdienst erschließen. Laut dem COO von TakeAway und Gründer von Lieferando sind die Auswirkungen noch unklar, ich gehe von leicht positiven Effekten aus.
    Beispiel-Aktien: TakeAway, Delivery Hero, Dominos, HelloFresh,…
  • Gaming-Aktien: Hersteller von Spielen für PCs oder Konsolen sollten profitieren, da diese eine Beschäftigung für Zuhause in einem ohnehin wachsenden Umfeld liefern. Außerdem ist es ein Ort, an dem gerade viele junge Menschen auch in Corona-Zeiten gemeinsame Aktivitäten erleben können.
    Beispiel-Aktien: Activision, Take Two, Electronic Arts, Nintendo,…

Fazit: So solltest du jetzt vorgehen

Du siehst: Es gibt unterschiedliche Strategien, nach denen du jetzt vorgehen kannst. Diese schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können sich auch ergänzen. Genauso kannst du die Strategien sowohl mit ETFs, als auch mit einzelnen Aktien abbilden.

Wie du vorgehst hängt dabei vor allem davon ab…

  1. … ob du jetzt gezielt investieren möchtest oder nicht (lies dafür diese Analyse, falls du es noch nicht getan hast)
  2. … wieviel Risiko du aktuell eingehen möchtest
  3. … wie du weiterhin ein ausgewogenes Depot beibehältst und du nicht durch blindes Nachkaufen unnötige Risiken eingehst (bspw. zu hohe Anteiligkeiten von einzelnen Aktien, zu großen Sektorfokus etc.)

Viele Grüße
Jannes

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